In unserem gemeinsamen Forschungsprojekt UrbaneProduktion.Ruhr beschäftigen wir uns seit 2016 mit Urbaner Produktion. Wir haben eine Definition entwickelt und überarbeitet, Potenziale und Hemmnisse untersucht, quantitative und qualitative Daten erhoben Fallbeispiele beforscht, urbane Produktion in drei Reallaboren experimentell umgesetzt und ein Handbuch zu urbaner Produktion verfasst und veröffentlicht. Für unser Projektteam hat sich der Begriff „Urbane Produktion“ in den letzten Jahren immer weiter geschärft und wir haben eine klare Vorstellung davon, was er bedeutet. Für Außenstehende und Menschen, die sich bisher gar nicht oder kaum mit dem Thema beschäftigt haben, ist der Begriff jedoch in der Regel unklar und bedarf weiterer Erklärungen.

Laut unserer Definition bezeichnet Urbane Produktion die Herstellung und Verarbeitung materieller Güter und produktbegleitender Dienstleistungen in dicht besiedelten Räumen. Es kann unterschieden werden zwischen klassischer und moderner Urbaner Produktion, sowie Urbanen Industrien, Urbanen Manufakturen und Urbaner Landwirtschaft. Urbane Produktion findet u. a. im Rahmen der nachhaltigen Stadtentwicklung, lokaler Wertschöpfungsketten, solidarischer Ökonomie sowie der Kreislaufwirtschaft Anwendung.

Insbesondere im Ruhrgebiet kämpfen viele Stadtteile noch immer mit dem Strukturwandel. Es gibt viele leerstehende Ladenlokale, brach gefallene Gebäude, Arbeitslosigkeit und erhöhte Gesundheitsrisiken der Bevölkerung. Entwicklungen wie die Globalisierung, große Firmenzusammenschlüsse, verändertes Konsumverhalten haben dazu geführt, dass es viele der ehemaligen Großbetriebe und auch die standardisierten Arbeitsplätze nicht mehr gibt.

Wirtschaftlicher und urbaner Strukturwandel

In vielen Stadtteilen ist es aber auch schon gelungen, eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Bei Investitionen in Gebäude würden häufig die Potenziale von Kunst, Kultur und Kreativität in den Vordergrund gestellt. Einerseits, um das oft schlechte Außenbild des Ruhrgebiets und seiner Stadtteile zu verbessern, andererseits, um Menschen von außerhalb für einen Zuzug zu begeistern. Es bestand die Hoffnung auf die Ansiedlung und Entwicklung neuer, zukunftsfähiger Unternehmen und damit auch auf wirtschaftliches Wachstum. Diese Strategien haben vor allem dort gut funktioniert, wo bereits eine kreative Klasse vorhanden war, etwa an Hochschulstandorten.

Zukunftsfähige Ausbildung und Arbeit

In anderen, peripheren Stadtteilen des Ruhrgebiets gibt es nur wenige Kreative, die üblicherweise eine große Experimentierfreude haben, neue Kultur- und Gastronomieformate nachfragen und den Stadtteil durch ihre Netzwerke beleben. Allerdings gibt es in solchen Stadtteilen oft noch traditionelle nachbarschaftliche Netzwerke, engagierte Alteingesessene, gut ausgebildete FacharbeiterInnen, günstige Mieten sowie produzierende Gewerbebetriebe. Um den Strukturwandel auch dort positiv wirksam werden zu lassen, bietet sich eine Zuwendung zu den vorhanden Stärken an.

Gesundheit und Ästhetik

Durch die langanhaltende Konzentration auf die Förderung von Dienstleistungsunternehmen ist die große wirtschaftliche Bedeutung des vorhandenen produzierenden Sektors und des Handwerks für die Stadtteile vernachlässigt worden. Produktion gilt als stinkend, laut und störend – deshalb wurde sie häufig in Gewerbe- und Industriegebiete vor die Stadt ausgelagert. Wegen der räumlichen Trennung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit befinden sich heute in den Städten unbewohnte und für die Bevölkerung unattraktive Industrie- und Gewerbegebiete und wir nehmen lange Wege in Kauf, um täglich zur Arbeit zu pendeln, Einkäufe zu erledigen oder zum Sport zu kommen.

Bürgergetragene Stadtentwicklung

In einer zukunftsfähigen Stadt findet sich Raum für gesunde, umweltschonende und sozial gerechte Produktion. Wir nennen das Urbane Produktion. Wir untersuchen das Thema wissenschaftlich und bringen es in die Öffentlichkeit. Es sollen dadurch vor allem das Handwerk, kleine und mittlere Betriebe sowie Selbstständige, Gründer:innen angesprochen und gefördert werden. Genau wie in Bochum-Langendreer und Bochum-Wattenscheid, möchten wir diese Entwicklungen auch in Gelsenkirchen-Schalke initiieren, Menschen qualifizieren und vernetzen und Mitmacher:innen finden, die diese neuen Entwicklungen umsetzen und gestalten möchten.

Hier gehts zu noch mehr Informationen, einem Video und dem Wikipedia-Artikel: https://urbaneproduktion.ruhr/inspiration/